DROHT JESTEBURG EIN HEMMUNGSLOSER KAHLSCHLAG?
– Fachausschussmitglieder ziehen Totschlagargument gegen eine Baumsatzung
Für uns sind gerade die alten Bäume in Jesteburg Symbole für eine große Naturverbundenheit der Jesteburger und spiegeln typisches und von uns gewolltes naturnahes Leben wieder. Im Zusammenhang mit einer stärkeren „Innenverdichtung“ (Stichwort „bezahlbarer Wohnraum“) geraten bei den Planungsüberlegungen immer häufiger alte Baumbestände auf den Grundstücken in den Fokus. Tenor: Wenn die Bäume weg sind, könnte ein zweites Haus viel besser auf dem Grundstück platziert werden…
Konsequenz:
- Immer mehr Bäume sind heute in ihrem Bestand bedroht, weil die Gesetzeslage eindeutig ist: In Jesteburg kann jeder Bürger, jeden Baum in seinem Garten ganzjährig fällen (Ausnahme: Der Baum ist im Bebauungsplan bereits als schützenswert eingezeichnet worden). Manch Eigentümer hat auch Glück, dass die ihn betreffenden Bebauungspläne schon so alt sind, dass die Bäume damals noch nicht eingezeichnet wurden. Pech für die Allgemeinheit, wenn diese Pläne nicht regelmäßig überarbeitet werden?
- Für die Pflege von Bäumen gibt es kaum verbindlichen Vorgaben (außer Verkehrssicherheit), so dass z.B. Bodenversiegelungen oder unsachgemäße Beschneidungen zwar fatale Konsequenzen für den Baum, aber nicht für den Eigentümer nach sich ziehen.
Natürlich gibt es Bundes- und Landesgesetze, aber diese sichern fast nur die Pflege und den Bestand von Straßenbäumen auf öffentlichen Flächen. Gärtnerische Grundflächen sind von den Vorschriften ausgenommen.
Gärtnerisch genutzte Grundfläche: Alle Flächen, die durch eine gärtnerische Gestaltung, Herrichtung und Pflege geprägt sind. Hierzu gehören auch private Haus- und Kleingärten ohne erwerbswirtschaftliche Nutzung (unabhängig davon, ob es sich um Zier-/Nutzgärten oder um Kleingartenanlagen handelt), Parkanlagen, Rasensportanlagen und Friedhöfe. (Erlass vom 12.03.2010, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz)
Immerhin finden die Gesetze uneingeschränkte Anwendung auf Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze. Zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des jährlichen Zuwachses (gilt für alle Gehölze). Für diese erlaubten Schnitte gilt der Appell, sie möglichst in der Hauptbrutzeit der Vögel (Mitte März bis Mitte Juli) zu vermeiden.
Heute können Fällungen ohne verbindliche Ausgleichmaßnahmen (Neupflanzungen) durchgeführt werden. Maßnahmen wie die Fällung einer Eiche oder der Beschnitt von Baumkronen sind in privat genutzten Gärten, auch wenn sie viele Jesteburger verärgern, rechtlich einwandfrei.
Dass so viele große Bäume in Jesteburg noch stehen, verdanken wir vor allem der Liebe der Eigentümer zu ihren Bäumen und vielleicht dem Unwissen, was alles möglich wäre.
Deshalb warben wir mit unserem Antrag für eine Jesteburger Baumschutzsatzung, wie es sie in vielen anderen Gemeinden (z.B. Bendestorf) auch gibt.
Unser Ziel: Wir wollen eine willkürliche und unkontrollierte Beseitigung oder Schädigung von Bäumen und Hecken verhindern, damit
- die heute in Jesteburg vorhandene Lebensqualität für Mensch, Pflanze und Tier im gesamten Gemeindegebiet auch für kommende Generationen gesichert ist.
- die dörfliche Struktur, geprägt durch einen reichhaltigen alten Baum- und Heckenbestand, nachhaltig und langfristig geschützt ist.
- Maßnahmen zur Aufforstung durch Ausgleichsmaßnahmen zwingend vorgeschrieben sind.
Baumschutz bedeutet vor allem einen Schutz der Wurzel- und Kronenbereiche (z.B. vor einem falschen Kronenbeschnitt, dem Zubetonieren/Abdecken mit Platten oder dem Abgraben der Wurzelbereiche).
Deshalb fordern wir:
- ein festgeschriebenes Gebot zur artgerechten Pflege und zum Erhalt der Bäume.
- eine Genehmigungspflicht für Fällungen ab einer festgesetzten Größe.
- eine Verpflichtung für Ausgleichspflanzungen mit einheimischen Pflanzen.
- eine verbindliche Festlegung von Schutzzeiten (z.B. Brut- und Blühzeiten).
Bei unseren Vorschlägen haben wir uns an der Mustersatzung des „Deutschen Städtetages“ orientiert.
Die von uns empfohlene Baumschutzsatzung finden Sie hier.
Die ablehnende Haltung der SPD- und CDU- Ausschussmitglieder basierte leider nicht auf einer sachlich-inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Antrag. Stattdessen Allgemeinplätze als Fakten. In neudeutsch nennt man das wohl „Fake-News“.
Die Hauptargumente der SPD- und/oder CDU-Ausschussmitglieder gegen eine Baumschutzsatzung waren:
- Wenn wir das umsetzen, werden in kürzester Zeit vorsorglich noch viele Bäume gefällt.
Unsere Bewertung: Dieses Argument widerspricht allen belegbaren Aussagen der Niedersächsischen Landesregierung und den Erfahrungen anderer Gemeinden. Der Gemeinderat könnte bereits am 30.05.2018 eine Baumschutzsatzung verabschieden.
- Es würde eine Flut von Anträgen zur Fällung von Bäumen die Folge sein. Die Verwaltung ist auch heute bereits überlastet und könnte das Antragsvolumen nicht auffangen.
Unsere Bewertung: Dieses Argument zeichnet ein Menschenbild, das wir nicht teilen. Es unterstellt den Jesteburger Bürger*innen per se gemeinschaftsschädigendes Verhalten. Wenn es politisch mehrheitlich gewollt wäre, eine Baumschutzsatzung umzusetzen, dann muss die Verwaltung natürlich in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe wahrzunehmen (was auch in Bendestorf funktioniert). Wir stufen den Aufwand/Nutzen als vertretbar ein.
Die Grünen sprachen sich grundsätzlich für eine Bumschutzssatzung aus, hätten aber gerne noch inhaltliche Änderungen vorgenommen.