Die kostenlose Kita-Ganztagsbetreuung reißt ein großes Loch in die Gemeindekasse und die vorhandenen Plätze reichen?
ENTLASTUNG FÜR DIE ELTERN
– Doch Jesteburg droht der Finanzkollaps!
Dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz folgt in Niedersachsen die Beitragsfreiheit für eine bis zu achtstündige Betreuung des Kindes. Für Jesteburger Eltern bedeutet das – je nach Einkommen – eine monatliche Entlastung zwischen 160 und 416 Euro pro Kind. Was auf den ersten Blick ein sozialpolitisch sinnvoller Beschluss zu sein scheint, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung für die einzelnen Gemeinden als finanzielles Desaster, weil sie die Beschlüsse umsetzen müssen, ohne dass eine kostendeckende Finanzierung sichergestellt wurde. Nach vorsichtigen Schätzungen wird Jesteburg durch die Beitragsfreiheit in den Kindergärten auf zusätzlichen Kosten von gut 200.000 Euro sitzenbleiben.
Doch es kommt noch viel schlimmer: Die bisher vorgehaltenen Betreuungskapazitäten werden, trotz sinkender Geburtenzahlen, nicht mehr ausreichen. Bildungsexperten gehen davon aus, dass durch die Beitragsfreiheit immer mehr Eltern das ganztägige Betreuungsangebot für ihre Kinder wahrnehmen werden.
Jesteburg steht damit vor einer weiteren Herausforderung. Der bereits seit Jahren vorherrschende Platzmangel in den gemeindeeigenen Kitas führt für Kinder und Mitarbeiter teilweise zu unhaltbaren Zuständen. Wir haben deshalb im Januar 2018 dem Grundsatzbeschluss für einen Kindertagesstätten-Neubau zugestimmt. Noch in diesem Jahr soll eine Rahmenkonzeption (Stichworte: Kombination Waldkindergarten und Ganztagesbetreuung) erarbeitet werden und die Verwaltung soll geeignete Flächen für eine neue Kindertagesstätte identifizieren. Das Projekt soll dann in 2019 umgesetzt werden. Wie dieses Projekt trotz leerer Gemeindekasse und einer Arbeitsmarktsituation, die ebenfalls wenig Hoffnung auf weiteres, geschultes Personal aufkommen lässt, realisiert werden kann, ist noch offen.
Wir haben im April 2018 für den Beschluss gestimmt, das gesamte Kita-Thema zu einem gemeinsamen Projekt der Gemeinden Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg zu erklären. So könnten viele Personal-, Finanz- und Kapazitätsprobleme zumindest gemildert werden. Leider wurde bisher noch kein entsprechender Beschluss im Samtgemeinderat getroffen.
Jesteburg bietet derzeit eine ganztägige Betreuung in 4 Kindertageseinrichtungen mit insgesamt 305 Betreuungsplätzen (59 Krippen- und 256 Kindergartenplätze) an. Die Einrichtungen sind ausgebucht. Drei Kitas führt die Gemeinde in Eigenregie (Waldkindergarten, Seeveufer und Moorweg), und eine wird vom DRK betrieben (Sandbarg). Die Räumlichkeiten in den Kitas Seeveufer und Moorweg platzen jedoch aus allen Fugen und verlangen bereits heute den Mitarbeiter*innen das fast Unmögliche in der täglichen Arbeit ab. Dafür möchten wir ihnen bei dieser Gelegenheit unseren Dank und große Anerkennung aussprechen.
Jesteburg hat sich eine besonders familienfreundliche Betreuungspolitik auf die Fahne geschrieben und bietet mit Betreuungsmöglichkeiten von bis zu 10 Stunden täglich (inklusive einer Früh- und Spätbetreuung) ein Betreuungsangebot, das weit über die gesetzlichen Mindeststandards hinausgeht.
Dieses freiwillige Betreuungs(mehr)angebot ist sehr kostenintensiv und belastet den Gemeindehaushalt erheblich. Im Jahr 2017 bezuschusste Jesteburg die Betreuung in Kindertagesstätten mit fast 1,5 Millionen Euro (Krippen: ca. minus 311.000 Euro + Kindergarten: ca. minus 1,15 Millionen Euro)!
Die nicht kostendeckende Finanzierung durch die SPD/CDU-Landesregierung sorgt im Kindergartenbereich für eine Kostenexplosion von fast 17% von einem Jahr zum nächsten!
Trotzdem haben wir uns dafür eingesetzt, dass Jesteburg auch zukünftig ein familienfreundliches und vielfältiges Betreuungsangebot vorhalten wird.
Für alle Jesteburger Kinder im Kindergartenalter gilt ab 01.08.2018:
- Betreuungszeiten von bis zu 10 Stunden täglich sind möglich, davon 8 Stunden beitragsfrei (inkl. Früh- und Spätdienste} und für jede weitere Stunde wird – je nach Einkommen – eine Monatspauschale von 20 bis 52 Euro erhoben.
- Geschwisterermäßigung, wenn Geschwister parallel die nach wie vor kostenpflichtige Krippe besuchen.
Die Kosten für das Mittagsessen sind weiterhin zusätzlich zu bezahlen. Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, dass das Mittagsessen – anders als in den letzten Jahren – kostendeckend sein muss. Es soll nicht an der Essensqualität gespart werden, deshalb haben wir dafür gestimmt, die Monatspauschale zum 01.08.2018 auf 58 Euro anzuheben.
Die Gesetzeslage ab 01.08.2018
„Für den unentgeltlichen Besuch einer Tageseinrichtung muss von den Erziehungsberechtigten kein Antrag gestellt werden. Die Landesregierung geht davon aus, dass die zuständigen Jugendämter darüber informieren werden, dass ab dem 01.08.2018 keine Elternbeiträge mehr gezahlt werden müssen, sofern die tägliche Betreuungszeit nicht mehr als acht Stunden beträgt.“
Alle Kinder ab 3 Jahren haben bis zu ihrer Einschulung einen Rechtsanspruch auf eine beitragsfreie Betreuung von mindestens vier Betreuungsstunden an fünf Tagen pro Woche in einer Kindertagesstätte.
Die Gemeinden sollen das Betreuungsangebot möglichst vormittags vorhalten. Bei mangelnden Kapazitäten können die Gemeinden diesen gesetzlichen Anspruch auch mit einem Nachmittagsangebot abdecken.
Wenn die Gemeinde eine weitergehende Betreuung anbietet, ist sie für die Kinder bis zu acht Stunden an fünf Tagen der Woche ebenfalls beitragsfrei.
Ein individueller Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz besteht auch künftig nicht.
Wie lange Jesteburg diesen Spagat zwischen familienfreundlicher Politik und finanzpolitischen Notwendigkeiten aufrecht erhalten kann, ist fraglich. Bisher hat die Landesregierung den Krippenbereich von der Beitragsfreiheit ausgenommen, doch wäre das nicht der nächste logische Schritt, wenn über die Vereinbarung von Familie und Beruf debattiert wird?
Die UWG Jes! befürwortet die Bestrebungen des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes und vieler Bürgermeister, sich gegen diesen verantwortungslosen Politikstil der SPD/CDU-Landesregierung gegenüber den Kommunen zu wehren. Wenn das Land Niedersachsen für seine eingeforderten Leistungen nicht ausreichend zahlt, dann bleibt den Kommunen nur der Klageweg.
Für uns ist es außerdem wenig zielführend, dass der Fokus der Landesregierung auf eine Senkung der Beiträge für eine Betreuung im Kindergarten gelegt wurde, obwohl z.B. die Untersuchung der Bertelmann-Stiftung aktuell für Niedersachsen festgestellt hatte, dass den Eltern eine Steigerung der Bildungsqualität im Kita-Bereich wichtiger ist als eine Beitragssenkung. In diesem Zusammenhang ist es geradezu paradox, dass die SPD/CDU-Landesregierung Aufgaben aus dem Grundschulbereich in die Verantwortung der Kita überführen will:
Pädagogisch-therapeutisches Personal in den Kitas soll ab August zusätzlich die individuelle und differenzierte Sprachförderung für Kinder mit besonderem Sprachförderbedarf im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung übernehmen, obwohl bereits heute eine Arbeitsüberlastung unbestritten ist, zusätzliches Personal so gut wie nicht zu bekommen ist und die Mitarbeiter*innen für diese zusätzliche Aufgabe qualifizierte Fortbildungen benötigen.
Der bisher eingeschlagene Weg der Landesregierung bedarf einer Richtungskorrektur!
Unser Tipp an alle Jesteburger:
Wenden Sie sich an ihre(n) Landtagsabgeordnete(n)! Fordern Sie ihn/sie auf, eine kostendeckende Finanzierung und eine qualitativ hochwertige Bildungspolitik in den Kindergärten zu verabschieden!