Bezahlbarer Wohnraum – um jeden Preis?
– Verwaltungsausschuss schießt weitere 155.000 Euro zu –
Eine typisch Jesteburger Geschichte geht in die nächste Runde. Von den vollmundig angekündigten Sozialwohnungen ist nach jahrelangen Planungen nichts übriggeblieben. Damit überhaupt noch etwas umgesetzt wird, was das Etikett „sozial“ verdient, hat der Verwaltungsausschuss jetzt in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, rund 115.000 Euro der bisher gemeindeseitig aufgelaufenen Planungskosten nicht an die kommunale Wohnungsbaugesellschaft weiterzubelasten – trotz leerer Gemeindekasse.
Seit 2014 bemüht sich die Gemeinde auf dem Erbbaugrundstück am Pfarrweg zusätzlichen Wohnraum in der Ortsmitte zu realisieren. Im Herbst 2014 beantragte die SPD auf diesem Grundstück den Neubau von gemeindeeigenen Sozialwohnungen. Doch statt auf 11 Sozialwohnungen (Kaltmiete ca. 5,60 Euro/qm) läuft es jetzt auf 9 Wohnungen (Kaltmiete ca. 8,50 Euro/qm) hinaus, die von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft gebaut und verwaltet werden.
Die Mehrheit im Verwaltungsausschuss bejubelte das jetzt vorgelegte Ergebnis als einen wichtigen Schritt zu mehr bezahlbarem Wohnraum in Jesteburg für einkommensschwache Familien. Verwunderlich, wo es sich doch nur um verhältnismäßig kleine Zwei- und Dreizimmerwohnungen handelt…
Erneut wird deutlich, dass die Gemeinde überfordert ist, wenn es darum geht, Bauprojekte mit Weitblick und zum Wohl der Bürger umzusetzen.
In den letzten Jahren haben es CDU, SPD und die Grünen geschafft,
- mit erheblichem finanziellen Verlust für die Gemeinde ein „Gesundheitszentrum“ auf den Weg zu bringen, das kaum zur großspurig angekündigten Verbesserung der ärztlichen Versorgung beitragen wird,
- mit dem geplanten Verbrauchermarkt „Famila“ nach Überzeugung der Industrie- und Handelskammer Lüneburg und vieler Gewerbetreibenden vor Ort, die bestehende Gewerbestruktur erheblich zu belasten und
- mit ihren Planungen zum Thema „sozialer Wohnungsbau“ einen mittleren sechsstelligen Betrag ausgegeben zu haben, der die ohnehin desolaten Finanzen der Gemeinde zusätzlich belastet, ohne dass diese Planungen von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft umgesetzt werden können.
Für uns geht es nicht um die Frage „Ob“, sondern um die Frage „Wie“ in Jesteburg bezahlbarer Wohnraum gemeindeseitig mitfinanziert werden soll. Selbstverständlich soll sich die Gemeinde dafür einsetzen, dass auch einkommensschwache Jesteburger bezahlbaren Wohnraum in unserer Gemeinde finden. Die vor allem diesbezüglich von der SPD betriebenen „Panikmache“, teilen wir allerdings nicht. Hier scheint die Ratsmehrheit Jesteburger Herausforderungen in Sachen Wohnungsnot mit Buchholzer oder gar Hamburger Problemlagen gleichzusetzen.
Uns erschließt sich nicht, warum sich die Gemeinde nicht vorrangig auf die Umsetzung der Neubauvorhaben für „bezahlbaren Wohnraum“ an den Brettbeekskoppeln konzentriert. Die Grundstücke gehören der Gemeinde und mit den Erträgen aus deren Verkauf kann die Gemeinde offene Forderungen gegenüber der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft erfüllen.
Wir warben deshalb in der Sitzung des Verwaltungsausschusses dafür, vor einer endgültigen Entscheidung das weitere Vorgehen für das Bauvorhaben „Pfarrweg“ öffentlich zu beraten und auch alternative Bebauungskonzepte für dieses Grundstück (z.B. seniorengerechtes Wohnen in der Ortsmitte oder Neubau einer Kindertagesstätte) zu berücksichtigen. Schließlich hat die Gemeinde bereits vor Jahren beschlossen, seniorengerechtes Wohnen in der Ortsmitte zu fördern und ein passendes Grundstück für den Neubau einer Kindertagesstätte wird ebenfalls noch gesucht. Für uns wären diese Projekte zumindest bedenkenswerte Alternativen.
Stattdessen hat sich die Gemeinde von der kommunalen Wohnungsgesellschaft unter Entscheidungsdruck setzen lassen und dabei vernachlässigt, dass es ihr gutes Recht ist, einen Konzeptentwurf auch mit der Öffentlichkeit detailliert zu erörtern und weitere Alternativen abzuwägen.
Wir bedauern es sehr, dass die Ratsmehrheit grundsätzlich von ihrem Grundkonzept „Sozialwohnungen“ abgerückt ist und bei diesem Projekt darüberhinaus auch in der Vergangenheit beschlossene Raumaufteilungen für die Wohnungen ohne jede Diskussion über Bord geworfen hat.
Es bleibt der fade Nachgeschmack, dass erneut eine Projektidee in den Sand gesetzt wird und Steuermittel im sechsstelligen Bereich verbrannt werden.
Informationen zum geplanten Bauprojekt
Das nichtöffentlich vorgestellte und jetzt vom Verwaltungsausschuss beschlossene Konzept sieht insgesamt 9 Wohnungen vor:
- ein Aufzug in alle Stockwerke ist vorhanden
- alle Wohnungen sind mit einer offenen Wohnküche ausgestattet (anders als bisher beschlossen)
- alle Wohnungen verfügen über Balkon/Loggia oder Terrasse
Es sollen 9 Stellplätze entstehen. Zwölf wären eigentlich das Minimum, das andere Bauträger umsetzen müssten, wenn sie neun Wohnungen erstellen… Wo die übrigen Parkmöglichkeiten entstehen werden, wurde nicht weiter diskutiert.
Alle Abbildungen (c) Architekturbüro Dipl.Ing.(FH) Architekt A. Lindemann
Dachgeschoss:
- Eine 2-Zimmerwohnung mit Duschbad
- Zwei 3-Zimmerwohnungen mit Wannenbad
Obergeschoss:
- Eine 2-Zimmerwohnung mit Duschbad
- Zwei 3-Zimmerwohnungen mit Wannenbad
Erdgeschoss:
- Zwei 2-Zimmerwohnungen mit Duschbad
- Eine 3-Zimmerwohnung mit Wannenbad