WAS MUSS – WAS SOLLTE – WAS KANN?
– Gerät die Kulturförderung unter die Räder des Sparzwanges? –
Ein Haushaltsposten von nur 50.000 Euro und doch gibt er immer wieder Anlass für Diskussionen. Verständlich, schließlich geht es um den politischen Einfluss der Gemeinde auf die Entwicklung der „Kultur“ in Jesteburg.
Bereits im vergangenen Jahr hatten wir detaillierte Vorschläge für eine kriterienorientierte, nachhaltige Förderpolitik vorgelegt, die von SPD, CDU und den Grünen ohne jede inhaltliche Auseinandersetzung abgelehnt wurden (mehr Details finden Sie hier). Unsere Bedenken gegenüber der real existierenden Kulturförderung in Jesteburg haben sich in den Beratungen für den Haushalt 2019 weiter verschärft. Nur noch drei Vereine stellen Anträge auf finanzielle Förderung ihrer Projekte. Also nicht einmal mehr jeder zehnte Verein nutzt Zuschüsse aus Jesteburger Steuermitteln, um seine Ideen zu verwirklichen. Für uns ein alarmierendes Zeichen. Wir befürchten, dass die derzeitige Art und Weise Kultur zu fördern, an den Wünschen und Bedarfender großen Mehrheit der Vereine vorbeigeht.
Deshalb stellten wir folgenden Antrag:
„Der Gemeinderat beschließt, dass in einer Arbeitsgruppe mit allen Kulturschaffenden (Vereine und Einzelpersonen) neue Förderrichtlinien (gültig ab 2020) erarbeitet werden. Die Verwaltung wird gebeten, einen runden Tisch unter Beteiligung des WTK-A einzuberufen.“
Wir bedauern sehr, dass SPD, CDU und die Grünen es ablehnen, gemeinsam mit den betroffenen Kulturschaffenden nach Lösungen zu suchen, um erfolgreich Projekte unterstützen zu können. Bei den etablierten Parteien herrscht Einigkeit, dass die aktuelle Förderpolitik keiner Anpassung bedarf. Schade, denn für uns bedeutet Kulturvielfalt auch, dass neue Ideen für mehr kulturelle Abwechslung sorgen. Vielleicht bereichert uns ja der neue „Bürger- und Gewerbeverein Jesteburg“ zukünftig mit neuen Impulsen. Für dieses Jahr hat er bereits die Organisation des Weihnachtsmarktes übernommen und wird im kommenden Jahr das Maibaum-Aufstellen übernehmen.
Die SPD überraschte uns mit ihrem Vorschlag, alle Anträge pauschal um 30% zu kürzen. Sie will damit ein Zeichen für ihren politischen Sparwillen setzen. Wir halten es für den völlig falschen Weg, mit dieser Rasenmäher-Methode Kulturpolitik zu machen. Der Vorschlag der SPD implementiert, dass die vorliegenden Anträge nicht seriös eingereicht wurden. Wie soll denn ein Projekt umgesetzt werden, wenn 30% der beantragten Mittel fehlen?
Für uns hat eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Anträgen erste Priorität. Wir stellen die Wirkung einer Förderung für Jesteburg in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen.
- Was unterscheidet die ehrenamtlich organisierte Veranstaltung von einer kommerziellen Veranstaltung, die ohne Fördermittel auskommt (z.B. Cafe Book oder Achim Peters)?
- Welchen Mehrwert bietet die ehrenamtliche Veranstaltung ggü. diesen Veranstaltungen, so dass sie aus Steuergeldern unterstützt werden soll?
Wir haben die Anträge anhand unserer Förderrichtlinien individuell geprüft. Je mehr Fragen wir positiv beantworten können, desto unterstützenswerter beurteilen wir ein Projekt.
- Hat das Projekt einen regionalen Bezug (Sind Jesteburger in das Projekt eingebunden)?
- Trägt das Projekt dazu bei, Identität zu stiften oder hat es einen werteorientierten Ansatz?
- Fördert das Projekt den Nachwuchs unter den Kulturschaffenden?
- Entwickelt das Projekt das Brauchtum weiter?
- Hält das Projekt die niederdeutsche Sprache lebendig?
- Regt das Projekt zu einer Auseinandersetzung mit dem kulturellen Leben in Jesteburg an?
- Trägt das Projekt zu einer Stärkung des Gemeinschaftsgefühls innerhalb der Dorfgemeinschaft bei?
- Lädt das Projekt zur Begegnung mit den Nachbargemeinden ein?
1. EVANGELISCHE JUGEND JESTEBURG
Im kommenden Jahr soll zum achten Mal ein Benefizkonzert zu Gunsten der Opfer der Atomkatastrophe „Tschernobyl“ stattfinden.
Projektziel
Sämtliche Einnahmen werden gespendet, um 20 Kindern aus Tschernobyl zu ermöglichen, nach Jesteburg zu reisen und sich von den Folgeschäden der Nuklearkatastrophe zu erholen.
Antrag 2.000 Euro (Zuschuss) für die technische Ausstattung des Konzertes. |
WTK-Ausschussempfehlung 1.500 Euro (Zuschuss) für die technische Ausstattung (einstimmig). |
Den Antrag, weiter steigende Kosten für die Technik zu übernehmen, lehnten alle Parteien ab.
Wir als UWG Jes! haben den Jugendlichen angeboten, sie bei der Suche nach kostensparenden Alternativen zu unterstützen.
Unsere Bewertung: 😀 😀 😀 😀 😀
Wir begrüßen das Engagement der Evangelischen Jugend ausdrücklich. Dieses Projekt vereint ehrenamtliches und gesellschaftliches Engagement in vorbildlicher Art und Weise. In mehreren Gesprächen hatten uns Jugendliche bestätigt, dass dieses Konzert endlich einmal einen Anlass für Jesteburger und auswärtige Jugendliche gibt, in Jesteburg zu feiern.
Deshalb wollten wir dieses Projekt über den Antrag hinaus fördern und hatten folgenden Antrag gestellt:
„Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde Jesteburg beschließt, der „Evangelischen Jugend“ für ihre Benefizveranstaltung „Rock für Tschernobyl“ im Jahr 2019 einen Zuschuss in Höhe von 3.000 Euro (1.500 Euro für Technik + 1.500 Euro für eine weitere Attraktivitätssteigerung der Veranstaltung) zu gewähren.“
SPD, CDU und die Grünen lehnten diesen Antrag ab.
2. NATURBÜHNE JESTEBURG
Der Verein Naturbühne Jesteburg e. V. stellte für das kommende Jahr drei Förderanträge im Gesamtwert von 9.500 Euro. Die Zuschüsse sollen zeitlich beschränkt gewährt werden (rückzahlbare Zuschüsse).
Wir sind von den Anträgen überrascht. Der Gemeinderat hatte zu Beginn dieses Jahres dem Verein Naturbühne Jesteburg e. V. das Darlehen über 60.000 Euro erlassen. Damit war der Wunsch verbunden worden, dass der Verein keine weiteren Zuschussanträge stellen würde. Befremdlich finden wir außerdem, dass der Verein mit keinem seiner Anträge plant, das mit der Gemeinde vertraglich anvisierte Ziel „eine Veranstaltung mit mindestens 500 Besuchern pro Jahr“ in 2019 zu erfüllen .
Für uns ist keiner der Anträge in sich schlüssig. Vor allem unsere Bedenken, inwieweit es sich hierbei um rückzahlbare Zuschüsse handelt, legten ein grundsätzlich unterschiedliches Verständnis offen. Wir gehen bei rückzahlbaren Zuschüssen davon aus, dass sie wie eine Art Bürgschaft fungieren: Der Veranstalter kalkuliert sein Projekt grundsätzlich kostendeckend. Nur wenn z.B. weniger Zuschauer als geplant kommen (Stichwort „Open-Air/Wetter“), springt die Gemeinde ein und deckt einen Teil der Projektkosten ab. Dieses Prinzip lag jedoch keinem der Naturbühne-Anträge zugrunde.
A) Allgäuer Blaskapelle
Projektziel
Im Antrag nicht erläutert.
Antrag 3.500 Euro (rückzahlbarer Zuschuss) |
WTK-Ausschussempfehlung Der 1. Vorsitzende des Vereins ,Herr Jost, zog den Antrag mitten in der Beratung spontan zurück. Er sei aus einer „Schnapslaune“ heraus entstanden. |
Unsere Bewertung: 😕
Es ist nicht erkennbar, warum dieses Projekt gefördert werden sollte. Es mag einen gewissen Unterhaltungswert geben und der vorgesehene „freie Eintritt“ mag auch einige Zuschauer anlocken, doch warum der Verein das finanzielle Risiko für diese Veranstaltung auf die Gemeinde abwälzen will, erschließt sich uns nicht.
B) Jesteburg goes Country
Projektziel
Im Antrag nicht erläutert.
Antrag 2.000 Euro (rückzahlbarer Zuschuss) |
WTK-Ausschussempfehlung 1.500 Euro (rückzahlbarer Zuschuss) |
Hierfür stimmten die SPD und die Grünen. Die CDU nahm an der Abstimmung nicht teil, weil ihr Ausschussmitglied Herr Jost als 1. Vorsitzender des Vereins „befangen“ ist und somit an der Beratung nicht teilnahm und „vom Ratstisch zurücktrat“.
Die beantragte Förderung in Höhe von 2.000 Euro wurde nur von den Grünen befürwortet.
Unsere Bewertung 😕
Es ist nicht erkennbar, warum dieses Projekt gefördert werden sollte. Diese Veranstaltung wurde vom Verein bereits mehrfach erfolgreich wiederholt. Der Verein sollte über genügend Erfahrung verfügen, um das Projekt ohne finanzielle Zuschüsse von der Gemeinde durchzuführen. Die kalkulierten 300 Besucher können die Kosten nicht decken, so dass der drohende Verlust aus Steuermitteln gedeckt werden soll.
Wir lehnen eine Förderung dieses Projektes ab, weil der Antrag weder in seiner Begründung (fehlendes Projektziel) noch in seiner Kalkulation schlüssig ist.
C) ABBA Music Show 😕
Projektziel
Im Antrag nicht erläutert.
Antrag 3.500 Euro (rückzahlbarer Zuschuss) |
WTK-Ausschussempfehlung 2.400 Euro (rückzahlbarer Zuschuss) |
Hierfür stimmten die SPD und die Grünen. Die CDU nahm an der Abstimmung nicht teil, weil ihr Ausschussmitglied Herr Jost als 1. Vorsitzender des Vereins „befangen“ ist und somit an der Beratung nicht teilnahm und „vom Ratstisch zurücktrat“.
Die beantragte Förderung in Höhe von 3.500 Euro wurde nur von den Grünen befürwortet.
Unsere Bewertung 😕
Bei der Veranstaltung handelt es sich um eine erneute Aufführung einer Musikshow. Sie wurde bereits im Rahmen des Dorffestes 2014 erfolgreich dargeboten. Ob es sich um ein neues Programm handele, konnte Herr Jost leider ebenso wenig beantworten, wie die Frage nach der kalkulierten Zuschauerzahl. Die geplanten Einnahmen decken die Kosten der Veranstaltung nicht ab. 30% der finanziellen Risiken sollen aus Steuergeldern gedeckt werden.
Wir lehnen eine Förderung dieses Projektes ab, weil der Antrag weder in seiner Begründung (fehlendes Projektziel) noch in seiner Kalkulation schlüssig ist.
3. JESTEBURGER PODIUM
Der Verein Jesteburger Podium e. V. stellte für das kommende Jahr einen Förderantrag für sein Jahresprogramm (11 Veranstaltungen).
Projektziel
Mit dem Jahresprogramm will das Jesteburger Podium ein vielfältiges Kulturangebot für Jesteburger und Besucher bieten. Hierbei ist dem Verein die soziale Teilhabe von Senioren am kulturellen Leben besonders wichtig.
Antrag 6.500 Euro (Zuschuss) |
WTK-Ausschussempfehlung 6.500 Euro (rückzahlbarer Zuschuss) |
Alle Ausschussmitglieder waren sich einig einen rückzahlbaren Zuschuss zu gewähren.
Für eine Bezuschussung des Jahresprogrammes mit 6.500 Euro stimmten CDU, UWG Jes! und die Grünen.
Die SPD wollte den Zuschuss auf 4.400 Euro kürzen.
Unsere Bewertung 🙂 🙂 🙂
Wir begrüßen das langjährige, erfolgreiche und ehrenamtliche Engagement des Vereins für das Jesteburger Kulturleben. Mit unterschiedlichen Künstlern von außerhalb wird ein qualitativ anspruchsvolles Programm geboten.
Gleichwohl haben wir erneut darauf hingewiesen, dass der Verein seine Veranstaltungen kostendeckend finanzieren muss. Wir haben deshalb angeregt, vereinsintern über die Eintrittspreisgestaltung (Mitglieder (Jahresbeitrag 28 Euro) zahlen nur 7 Euro Eintritt, Nichtmitglieder 14 Euro je Veranstaltung) zu beraten.
Deshalb haben wir für die Gewährung eines rückzahlbaren und nicht eines bedingungslosen Zuschusses gestimmt.