Schulausschuss fokussiert sich aufs Bezahlbare, wir auf die Lern- und Arbeitsbedingungen für Kinder und Mitarbeiter.
BILDUNG ALS SPARPROGRAMM?
– Der Schulausschuss glaubt nicht an seine Überzeugungskraft
In der Schulausschusssitzung berieten Politik, Schulleitungen und Elternvertreter wie viel Raum für eine gute Grundschule nötig sei. Zermürbt von den jahrelangen Diskussionen herrschte die Meinung vor, dass es das Hauptziel der Beratungen sein müsse, endlich überhaupt ein Startschuss zu geben. In der Konsequenz schienen alle auch mit einer Minimallösung leben zu wollen, die weit hinter den Empfehlungen der Fachleute zurückbleiben würde. Die Ausschussmehrheit richtete ihr Hauptaugenmerk auf die Finanzierbarkeit, wir auf die Lern- und Arbeitsbedingungen für die Kinder und Mitarbeiter.
In dieser Sitzung wurde noch einmal der unterschiedliche Stellenwert einer guten Schule deutlich.
Unsere Position ist eindeutig:
Gute Bildung braucht auch gute Räume. Und gute Räumlichkeiten kosten Geld. Für uns ist es vor allem eine Frage der Wertschätzung. Es geht darum, als Gemeinschaft der Bildung unserer Kinder einen hohen Stellenwert zuzuerkennen.
Die Forderungen nach ganztägigen Betreuungsangeboten in der Form von Ganztagsschulen hat aus Sicht der Samtgemeinde vor allem finanzielle und personelle Konsequenzen und diesen muss sich die Politik auch stellen.
Wir haben deshalb folgende Anträge gestellt:
Kurze Beine brauchen kurze Wege
- Alle Grundschüler sollen die Möglichkeit haben, wohnortnah eine Grundschule zu besuchen.
- Für die dörfliche Struktur ist die „Schule vor Ort“ ist ein wichtiger Standortfaktor für die Gemeinden.
Deshalb haben wir ein klares Bekenntnis für den Erhalt beider Grundschulstandorte eingefordert.
Unser Antrag wurde angenommen.
Gute Bildung braucht gute Arbeitsbedingungen
- Die notwendigen Räumlichkeiten für die Lernenden und Lehrenden müssen zukunftsorientiert geschaffen werden.
- Räume für ein Miteinander und Rückzugmöglichkeiten müssen für Schüler und Lehrkräfte ausreichend vorhanden sein.
Deshalb haben wir uns dafür eingesetzt, dass die von Fachleuten erarbeiteten Richtwerte auch für unsere Grundschulen umgesetzt werden.
Unser Antrag wurde abgelehnt.
Grundlegende Veränderungen brauchen eine breite Zustimmung
- Die weitreichenden Konsequenzen der geplanten Investitionen müssen dem Bürger ausführlich erläutert werden.
- Projekte, die den finanziellen Gestaltungsraum der Samtgemeinde auf Jahrzehnte beschränken würden, bedürfen eines breiten Konsens in der Bevölkerung.
Deshalb haben wir beantragt, eine Informationsveranstaltung für alle Bürger durchzuführen, sobald das Bau- und Finanzierungskonzept feststeht.
Unser Antrag wurde angenommen.
Langfristige Wirtschaftlichkeit braucht nachhaltige Gebäude
- Schluss mit der Flickschusterei – Beide Grundschulen werden neu gebaut.
Die Verwaltung schlug vor, keine weiteren Wirtschaftlichkeitsanalysen für die Sanierung der alten Gebäudebestände durchzuführen.
Wir haben dem Vorschlag zugestimmt.
Erfolgreiche Planungen brauchen verbindliche Zusagen
- Die Samtgemeinde braucht für ihre weiteren Planungen verbindliche Zusagen der Mitgliedsgemeinden, welche Grundstücke der Samtgemeinde für die Neubauten zur Verfügung gestellt werden.
Deshalb haben wir beantragt, dass sich die Mitgliedsgemeinden endlich festlegen, wo die Grundschüler und Lehrkräfte ihre neue Heimat finden sollen.
Unser Antrag wurde angenommen.
Warum wir uns zum Thema Grundschulen eindeutig platziert haben
Alle Menschen sollen uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Dieser Leitgedanke ist breiter Konsens in Deutschland. Klassische Rollenbilder zwischen den Geschlechtern und die Definition des Begriffes „Familie“ befinden sich ebenso im Wandel wie der Begriff „Bildung“.
In dieser Gemengelage finden sich auch die eng miteinander verzahnten Themen „Kinderbetreuung“ und „Schule“ wieder.
Landes- und bundespolitisch wird versucht, z. B. mit Maßnahmen wie „Inklusion“, „Ganztagesbetreuung“ und einer „Bildungsoffensive“ diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Inwieweit die einzelnen Kommunen diese Maßnahmen umsetzen, hängt sowohl von ihren finanziellen Möglichkeiten und staatlichen Förderprogrammen als auch von der Zusammensetzung der Bevölkerung in ihrer Gemeinde ab.
In Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg gibt es ein weit über die gesetzlichen Regelungen hinausgehendes Betreuungsangebot für noch nicht schulpflichtige Kinder. Deshalb ist es konsequent und notwendig auch für Kinder im schulpflichtigen Alter eine Ganztagsbetreuung anzubieten. Dieses wichtige und zeitgemäße Betreuungsangebot ist ein wichtiger Standortfaktor für viele Familien.
Doch leider gibt es – entgegen aller Beteuerungen – bis jetzt keine ausreichende finanzielle Unterstützung aus Landes- und/oder Bundesmitteln. Allein die Gemeinde Jesteburg bezuschusste ihre Kitas und Krippen mit gut 1,5 Millionen Euro im Jahr 2017. Auch der neue Rechtsanspruch auf eine kostenlose Kita-Betreuung ist für die Gemeinden ein Drahtseilakt. Zusätzliche Kosten, unzureichende Zuschüsse, fehlende Fachkräfte und nicht den Anforderungen genügende Räumlichkeiten lassen viele Gemeinden verzweifeln.
Doch statt zuerst diese Gemengelage zunächst einmal befriedigend für alle zu lösen, setzt die niedersächsische Landesregierung aus CDU und SPD noch einen oben drauf und forciert einseitig den Umbau der Schulen zu Ganztagsschulen. Bisher erfolgreiche Konzepte wie unsere pädagogischen Mittagstische sollen mittelfristig nicht mehr gefördert werden.
Inwieweit es sinnvoll ist, dass Schulkinder täglich bis zu zehn Stunden „fremdbetreut“ werden, muss jede Familie für sich entscheiden.
Die jetzt in Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg geführten Diskussionen über die mit der Einführung von Ganztagsschulen verbundenen Kosten für Um- und Neubauten verschleiern die eigentliche Misere an unseren Grundschulen:
- Das Raumangebot beider Grundschulen genügt nicht mehr den heutigen und schon gar den morgigen Anforderungen an gute Bildungseinrichtungen.
- Über Jahre wurden Investitionen verschoben – immer mit dem Versprechen, dass mit der Einführung der „Ganztagsschule“ alle Probleme gelöst werden.
Seit Jahren leiden die Kinder und Lehrkräfte unter unzureichenden Rahmenbedingungen:
- zu kleine Klassenzimmer
- zu wenig Differenzierungsräume
- fehlende Räume für individuelle Lernförderung
- veraltete Technik
- mangelhafte Arbeitsplatzsituationen für die Mitarbeiter und
- kaum zu vertretende Bedingungen im „Hortbereich“.
Oder kurz und knapp: Was nützen die besten pädagogischen Konzepte, engagierte Mitarbeiter und lernwillige Kinder, wenn die „Hardware“ ungeeignet ist.
Anforderungen an eine moderne Schule
Eltern kennen „Schule“ meistens noch als Wissensvermittlung im Frontalunterricht oder hin und wieder mal eine Gruppenarbeit. Doch die Bildungsanstalt „Schule“ hat sich bereits seit Jahren gewandelt. Viele Erwachsene können sich kaum vorstellen, welchen Belastungen Schulkinder und Lehrkräfte tagtäglich ausgesetzt sind:
Kinder mit den unterschiedlichsten Anforderungen finden sich in Klassenverbänden wieder. Statt einer Lehrkraft findet sich heute oft ein multiprofessionelles Team aus Lehrkraft, Sozialpädagogen und Erzieher oder Schulbegleiter in einer Unterrichtseinheit wieder. Einzelbetreuungen, Arbeit in Kleingruppen oder eigenverantwortliches Erarbeiten von Wissen sind nur einige Stichworte, die Aufzeigen wie stark sich Schule verändert hat.
Heute und morgen muss Schule vor allem Kompetenzen vermitteln. Dafür muss der Lernprozess aktiv und ergebnisorientiert gestaltet sein und unterschiedliche Zugänge zum Lernen ermöglichen. Unsere Schulleitungen haben ihre Vorstellungen in entsprechenden Schulkonzepten zusammengefasst. Dazu gehört selbstverständlich auch ein direkter und eigenständiger Zugang zu Wissensbeständen wie Bibliotheken, Medienzentren oder dem Internet. Ein breites Spektrum an Lernmethoden und Unterrichtskonzepten und die wachsende Bedeutung informellen Lernens erfordern Räume, die einen unkomplizierten Wechsel zwischen Instruktion, Einzelarbeit, Gruppenarbeit und Präsentation von Lernergebnissen ermöglichen.
Raumprogramme
In den vergangenen Monaten wurde an beiden Schulen mit externer Unterstützung eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Beide Grundschulen haben pädagogische Raumkonzepte erstellt, die den Bedarf für eine gute Schule berücksichtigen.
Es wurde deutlich, dass eine zukunftsfähige Schule über Orte verfügen muss, die dem Bedürfnis nach Konzentration, Geborgenheit und intensiver Kommunikation ebenso Raum bieten wie für geplante und ungeplante Begegnungen.
Grundsätzlich sind die Raumbedarfe weitestgehend unabhängig von der Frage, ob die Mitgliedsgemeinden die Schulform „offene Ganztagsschule“ oder „verlässliche Grundschule mit pädagogischen Mittagstisch“ bevorzugen.
Um die Raumbedarfe festzulegen, bedarf es eigentlich klarer Richtlinien, aber in Niedersachsen gibt es diese nicht. Trotzdem gibt es natürlich Schulbauleitlinien in anderen Kommunen und Stiftungen, die unabhängig Empfehlungen für eine „gute Schule“ erarbeitet haben.
Auf diese Grundlagen zurückgreifend, haben unsere externen Berater mögliche Raumbedarfe ermittelt, die die pädagogischen Schulkonzepte der Grundschulen berücksichtigen.
- Version 1: Zukunftsorientierte Räumlichkeiten – Auf der Grundlage bestehender Schulbaurichtlinien.
- Version 2: Sparmodell „light“ – Von allem etwas weniger – trotz besseren Wissen.
- Version 3: Sparmodell – ohne Abstimmung mit den Schulen erstellt.
BENDESTORF | JESTEBURG | |
verfügbare Fläche heute | 956 qm | 1.906 qm |
Version 1 | 1.940 qm | 3.296 qm |
Version 2 | 1.800 qm | 2.938 qm |
Version 3 | 1.672 qm | 2.540 qm |
Alle Flächenangaben zzgl. Flure, Treppenhäuser, Sanitär- und Technikräume.
Konsequenzen:
Es geht um eine richtungsweisende Entscheidung, die gute Bildungsstätten in unserer Samtgemeinde sicherstellen.
Für uns war die Wahl klar. Die Mehrkosten für ein „optimales“ Raumangebot gegenüber den abgespeckten Versionen sind – auf dreißig Jahre Mindestnutzungsdauer der Gebäude gerechnet – gegenüber dem Mehrnutzen und die Chance im Bedarfsfall noch Anpassungen an weitere Entwicklungen vornehmen zu können, vertretbar.
Für uns ist es nicht akzeptabel, ausgerechnet an den Größen der „Unterrichts- und Besprechungsräume“ zu sparen, die wesentlich zum nachhaltigen Erfolg einer „guten Schule“ beitragen.
Weitere Informationen rund um das Thema Ganztagsschule haben wir für Sie in dem folgenden Beitrag bereitgestellt.
Ganztagsbetreuung im Grundschulalter
– Grundschule der Zukunft: Lebens- statt Lernort?