Ginsterkamp ausbauen Ja oder NEIN? Wir haben einen Kompromissvorschlag erarbeitet und werden ihn abstimmen lassen.
IM SINNE DES GEMEINWOHLS?
– Weiterhin keine nachhaltige Lösung in Sicht
Eigentlich war alles bereits klar. Politisch war bereits 2017 entschieden worden, die Straße Ginsterkamp so auszubauen, dass der Verkehrssicherungspflicht Genüge getan wird. Doch statt den Beschluss umzusetzen und über die notwendigen Ersterschließungsmaßnahmen zu beraten, wurde die letzte Ausschusssitzung genutzt, die exakt gleichen Positionen wie bereits vor zwei Jahren noch einmal vorzutragen.
Die Anlieger sprachen von den hohen zu erwartenden finanziellen Belastungen und sozialen Härtefällen und vor allem die Ratsmitglieder der SPD konzentrieren sich auf eine Diskussion über einen Wendehammer für die Müllabfuhr. Wenig nachvollziehbar, hatten die Anwohner doch längst einen Kompromiss mit den Entsorgungsunternehmen gefunden: Die Anwohner im hinteren Bereich des Ginsterkampes bringen ihre Mülltonnen dorthin, wo der Müllwagen noch problemlos hinfahren darf. Also kein Grund, weiterhin über einen Wendehammer zu diskutieren, der über 100.000 Euro kosten würde.
Mit der eigentlichen Herausforderung, wie das Regen- und Tauwasser auf den öffentlichen Flächen ordnungsgemäß abgeleitet werden kann, wollte sich kaum einer auseinandersetzen. Obwohl es sich hierbei um eine Pflichtaufgabe handelt, der sich die Gemeinde stellen muss.
Erneut scheinen die etablierten Parteien nicht die Kraft zu besitzen, gefasste Beschlüsse tatsächlich umzusetzen. Stattdessen werden Nebenschauplätze wie das Müllfahrzeugthema bespielt.
Wider besseren Wissens – wenn man die Ausführungen der Verwaltung ernst nimmt – haben CDU, SPD und die Grünen jetzt empfohlen, die Anwohner mal machen zu lassen. Egal was die Rechtslage verlangt (siehe oben).
Für uns zeigt sich hier erneut, dass manch Ratsmitglied scheinbar lieber eine wenig zielführende Maßnahme befürwortet als sich mit potentiellen Wählern zu verärgern. Wir haben versucht eine sachlich fundierte Entscheidung zu treffen. Leider gab es dafür zumindest im Fachausschuss keine Mehrheit. Der Ginsterkamp ist, ebenso wie viele andere Straßen in Jesteburg, bis heute nicht erschlossen worden. Das bedeutet, dass bisher wichtige Merkmale einer Ersterschließung fehlen (z.B. Straßenbeleuchtung, Abwassersystem, Straßenbefestigung). Trotzdem handelt es sich um eine öffentliche Straße.
In der Folge kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten. Mal ist die Straßenbeleuchtung nicht ausreichend, mal ist die Fahrbahn in einem erbarmungswürdigen Zustand und mal werden Verunreinigungen durch schwere Regenfälle auf die angrenzenden Privatgrundstücke gespült. In allen Fällen muss die Gemeindeverwaltung abwägen, in welchem Umfang sie Maßnahmen ergreifen muss, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Meistens reicht ein unkomplizierter Einsatz der Bauhofmitarbeiter, um Schäden am Weg auszubessern oder ein konstruktives Gespräch der Anwohner z.B. mit der Müllabfuhr, um eine Lösung für die Mülltonnen zu finden.
Trotzdem gibt es Probleme, denen sich die Gemeinde grundsätzlich stellen muss. Und dazu gehört die Umsetzung von Gesetzen und Vorschriften, die die Sicherheit der Umwelt betreffen. Die Vorgaben sind eindeutig: Oberflächenwasser muss dort versickern bzw. abgeleitet werden, wo es anfällt. Grundstückseigentümer werden gezwungen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Also kann sich die öffentliche Hand nicht davor drücken und muss das Regen- und Tauwasser ordnungsgemäß auffangen und ableiten.
In der Konsequenz legen Gemeinden in wenig befahrenen Straßen deshalb meistens Versickerungsmulden an. Diese Maßnahme ist kostengünstig und kann meistens ohne großen finanziellen Aufwand umgesetzt werden. Leider kommt der verwaltungsseitig beauftragte Gutachter zu der Schlussfolgerung, dass am Ginsterkamp das Oberflächenwasser nicht komplett in entsprechenden Mulden versickern kann. Das Gefälle der Straße ist mit 9 % im hinteren Bereich einfach zu stark. Das Wasser würde ungefiltert auf privaten Grund fließen. Empfohlen wird deshalb ein Versickerungsschacht, der das Wasser in Sickerboxen auffängt, reinigt und dann kontrolliert abgibt, um es vorschriftsmäßig auf öffentlichem Gelände versickern zu lassen.
So wie die verwaltungsseitig empfohlenen Maßnahmen nach unserer Einschätzung über das Ziel hinausschießen, so negieren die protestierenden Anwohner, dass sie bisher Glück hatten. Sie mussten viele Jahrzehnte lang keine Kosten für die öffentlichen Zuwegungen zu ihren Grundstücken mittragen. Jetzt droht ihnen lediglich das gleiche Schicksal wie jedem „Häuslebauer“: Wer baut, muss die Kosten für eine Ersterschließung des Wohngebietes mittragen.
Natürlich nehmen wir die Sorgen der Anlieger ernst. Wir werden uns dafür einsetzen, dass kein Anwohner aufgrund finanzieller Probleme durch notwendige Erschließungsmaßnahmen sein Zuhause verliert. Für uns ist es eine wesentliche Aufgabe der Politik, entsprechend sozialverträgliche Lösungen zu finden.
Gleichzeitig muss der Gemeinderat seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen und auch das Wohl der Allgemeinheit im Auge behalten. Und dazu gehört die Verantwortung für die Umwelt. Verunreinigtes Oberflächenwasser darf nicht die Natur belasten und das andere Grundeigentümer schädigen.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Verkehrssicherungspflicht vollständig bei der Gemeinde verbleibt. Dazu gehört auch, die ordnungsgemäße Oberflächenentwässerung sicherzustellen. Hierbei muss die Gemeinde auf die verkehrliche Bedeutung der Straße Rücksicht nehmen (der Ginsterkamp ist eine kleine Sackgassen-Anwohnerstraße), die erforderlichen Maßnahmen mit Bedacht auswählen und mit einem minimalen (auch finanziellen) Aufwand umsetzen.
Wir werden uns in den weiteren Beratungen dafür einsetzen, dass im Ginsterkamp eine Ersterschließung in Teilschritten umgesetzt wird.
Unser Kompromissvorschlag
- Die Gemeinde erstellt ausreichend dimensionierte Versickerungsgruben. Im hinteren Straßenabschnitt wird das überschüssige Oberflächenwasser in einen Sickerschacht abgeleitet, dem ein Abscheider vorgeschaltet ist. So kommt die Gemeinde ihrer Oberflächenentwässerungspflicht nach. Die Kosten tragen Gemeinde und Anlieger gemeinsam.
- Die Straßenoberfläche wird wie von den Anliegern vorgeschlagen mit Granitsplitt instandgesetzt. Die Kosten übernehmen die Anlieger.
- Auf einen Ausbau der Straßenbreite (Ausweichbuchten) und den Bau eines Wendehammers für Müllfahrzeuge wird verzichtet. Die Anlieger stellen weiterhin sicher, dass eine ordnungsgemäße Müllentsorgung möglich ist.
Hintergrundinformationen
Die Rechtslage
Grundsätzlich ist es die Gemeinde, die in der Pflicht ist, öffentliche Flächen „verkehrssicher“ instand zu halten. Sie haftet für mögliche Schäden gegenüber Dritten, falls sie dieser Pflicht nicht nachkommt. In einem begrenzten Umfang kann sie ihre Pflichten und Verantwortung an Dritte übertragen.
Laut Verwaltung ist die Regelung des Abflusses von Niederschlagwasser eine Pflichtaufgabe der Gemeinde. Sie bezieht sich auf das Niedersächsische Wassergesetz (NWG) und das Wasserhaushaltsgesetz (WHG).
Der Gutachter
Der Gutachter stellte bereits 2017 seine Konzeptvorschläge vor. In der aktuellen Fachausschusssitzung bestätigte er erneut, dass die Anlage eines Versickerungsschachtes notwendig sei, um eine ordnungsgemäße Oberflächenentwässerung sicherstellen zu können.
Mit seinem Vorschlag wollte er gleichzeitig das Müllfahrzeug-Problem lösen. Deshalb empfahl er, Ausweichbuchten anzulegen, so dass ein Pkw und ein Müllfahrzeug in der ansonsten zu schmalen Straße aneinander vorbeifahren können. Der vorgeschlagene Wendehammer würde es dem Müllfahrzeug erlauben, den Müll auf der gesamten Straßenlänge zu entsorgen. Bedingung wäre jedoch eine Aufschüttung der Straße im hinteren Bereich und Abstützungen, die über 2 Meter hohe Spundwände nach sich ziehen würden.
Als Straßenbelag empfiehlt der Gutachter eine Pflaster- oder Asphaltdecke. Ein reiner „Schotterausbau“ ohne befestigten Untergrund wäre als dauerhafte Lösung nicht ausreichend.
Die Aus-/Umbauvorschläge der Anlieger bewertet der Gutachter als eine Verbesserung der Ist-Situation, eine nachhaltige Lösung sind sie nach seiner Einschätzung nicht.
Die Anlieger
Die Anwohner wollen einen Verein gründen und die Straße eigenverantwortlich ausbauen und instand halten. Damit wären sie in der Haftung gegenüber der Gemeinde und Dritten in allen Fragen der Verkehrssicherung. Die Haftung der Gemeinde würde sich auf die Kontroll- und Überwachungspflicht reduzieren.
In der Konsequenz müssten die Anlieger nach ihrem eigenen Konzept z.B. Versickerungsmulden anlegen, den Straßenbelag ausbessern (Stichwort Schlaglöcher), im Winter die Streupflicht übernehmen und eventuelle Gefahrenstellen für Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer erkennen und umgehend beseitigen.