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GEWERBEGEBIET – Allerbeeksring

CDU und SPD wollen über 100.000 qm zusätzliche Gewerbefläche rund um den „Neuen“ Friedhof ausweisen.

Natürlich müssen auch die Gewerbetreibenden vor Ort Möglichkeiten für ein weiteres Wachstum finden. Deshalb unterstützen wir eine maßvolle, umweltgerechte und nachfragebezogene Ausweisung weiterer Gewerbeflächen. Doch den akuten Flächenbedarf konnte uns bis heute weder die Gemeinde nennen, noch liegen entsprechende Zahlen z.B. seitens des Bürger- und Gewerbevereins vor. Die Ausweisung von weiteren 100.000 qm an Gewerbefläche ist völlig unverhältnismäßig und deplatziert an dieser Stelle und widerspricht dem eigenen Masterplan und den Planungsvorgaben des Landkreises.

Das von SPD und CDU vorgetragene Argument „man brauche weitere Gewerbesteuereinnahmen, um andere Projekte finanzieren zu können“ , ist wenig sachgerecht.

Derzeit erwirtschaften alle Gewerbebetriebe in Jesteburg einen Jahresgewinn von insgesamt circa 16 Millionen Euro. Die sich daraus ergebenen Gewerbesteuereinnahmen von circa 2,1 Millionen Euro tragen zu gut einem Viertel zu den Steuereinnahmen der Gemeinde bei. Welcher Anteil davon im Gewerbegebiet „Allerbeeksring“ erwirtschaftet wird, ist nicht bekannt. Und welche Steuermehreinnahmen sich die Ratsmehrheit von diesem immensen Eingriff in das Jesteburger Ortsbild verspricht, ist ebenfalls nicht bekannt. Grob kann man sagen, dass ein jährlicher Gewerbeertrag ( „Gewinn“ ) von 1 Million Euro circa 133.000 Euro an Gewerbesteuereinnahmen bedeuten würde. Jeder mag für sich ausrechnen, ab welchem Umsatzvolumen es sich rechnen mag, derartige Eingriffe in das Landschaftsbild vorzunehmen und mit den Einnahmen auch die möglichen Schäden für die touristische Attraktivität unserer Gemeinde auszugleichen.

Doch anstatt zuerst alle Möglichkeiten gemeinsam mit den Bürgern und Gewerbetreibenden ergebnisoffen zu diskutieren, will die Ratsmehrheit dieses Mega-Projekt den Investorenwünschen entsprechend jetzt aus dem Boden stampfen. Ohne Rücksicht auf die idyllische Landschaft rund um den Ortseingang zu nehmen, die bisher zahlreiche Besucher nach Jesteburg lockt und jedwede Bürger- und Kirchenmeinung von Beginn an im Keim erstickend.

Damit droht die Jesteburger Ratsmehrheit, die gleichen Fehler wie viele andere Gemeinden zu begehen. Statt zukunftsorientierte Gewerbeflächen für Kleingewerbe und mittelständische Unternehmen mit umweltfreundlicher Ausrichtung zu schaffen und die Reaktivierung vorhandener Gewerbeflächen voranzutreiben, soll nun ein Gewerbegebiet mit bis zu 12 Meter hohen Gebäuden realisiert werden.

Unserem Vorschlag, bereits bei den ersten Überlegungen die Kirche und den zuständigen Fachausschuss für Friedhofsbelange in die Überlegungen einzubeziehen, wurde abgelehnt. Stattdessen wurde jetzt ein Konzept vorgestellt, das in seinem Umfang und seiner Ausrichtung völlig neu ist. Man kann schon fast von einer Überrumpelungstaktik sprechen, denn bisher wurde weder eine Zusammenarbeit mit der WLH beschlossen, noch wurde darüber beraten, wie und durch wen ein Gewerbegebiet zu entwickeln sei.

Der Jesteburger Kirchenvorstand hat seine Bedenken vorgetragen, doch zu mehr als ein paar Beschwichtigungen – man werde einen Lärmschutzwall errichten und das Gewerbegebiet zum Friedhof hin eingrünen – konnten sich die etablierten Parteien nicht durchringen.

Unsere grundsätzliche Position:

Ein nachhaltiges Gewerbegebiet muss auch die Auswirkungen für die nachfolgenden Generationen berücksichtigen. Deshalb muss vor möglichen Planungen für ein neues Gewerbegebiet ein umfassender Kriterienkatalog erarbeitet werden, der als Grundlage für mögliche Planungen verbindlich ist.

Für uns sind Festlegungen für die nachfolgenden Kriterien unabdingbar:

  • Ressourcenschonung (geringer Flächenverbrauch (Bebauungsdichte) )
  • Arten- und Biotopschutz (Durchgrünung, Lärmschutz, umweltfreundliche Baustoffe Insekten freundliche LED-Straßenbeleuchtung)
  • Bauästhetik (Materialien, Oberflächenstrukturen und Farbtöne für Dächer und Wände, an das Gelände angepasste Kubatur der Baukörper)
  • Klimaschutz (Energieeffizienz, Energieeinsparung, regenerative Energienutzung, Verwendung möglichst CO2-neutraler Baustoffe, Anbindung an ÖPNV)

Außerdem sollten neu ansiedelnde Betriebe das Leitbild (Tourismus und Kultur) unserer Gemeinde stärken und mit einer naturnahen Oberflächenwasserentsorgung sollte eine neue öffentliche Grünfläche entstehen, die von den Bürgern als Freizeitfläche genutzt werden kann.

Wir haben den Ratsmitgliedern bereits vor zwei Jahren unsere Vorstellungen für eine nachhaltige Gewerbeentwicklung vorgestellt. In unserem Leitbild „Jesteburg 2030“ haben wir es wie folgt zusammengefasst:

  1. Jesteburg konzentriert sich auf flächenschonendes und dienstleistungsorientiertes Gewerbe und sichert so Arbeitsplätze und Steuereinnahmen vor Ort.
  2. Jesteburg bietet zeitgemäße und bezahlbare Einzelhandelsflächen, die eine Ansiedlung von kleinen und größeren Fachgeschäften ermöglichen und die Ortsmitte nachhaltig beleben.
  3. Jesteburg bietet qualitativ hochwertige Übernachtungsstätten und ein vielfältiges Gastronomieangebot.

Leider konnte sich der Gemeinderat bis heute nicht auf ein gemeinsames Konzept für die kommenden Jahre einigen.

Das neue Gewerbegebiet soll die heutige Gewerbefläche am Allerbeeksring mehr als verdoppeln. Das „erweiterte“ Gewerbegebiet würde eine Größe von über 200.000 qm haben. Das gerade umfangreich erweiterte Gewerbegebiet in Hanstedt ist 139.000 qm groß.

Begründung

Jesteburger Gewerbetreibende suchen händeringend Erweiterungsflächen. Wenn Jesteburg nicht reagiert, werden diese Betriebe abwandern, neue Betriebe sich nicht ansiedeln können und damit der Gemeinde Einnahmen aus Gewerbesteuern verloren gehen.

  • Die CDU argumentiert, dass man „irgendwo ja endlich mal anfangen müsse“ .
  • Die WLH verschlägt sich auf die Logik, das Marxen, Brackel und Egestorf auch große Gewerbegebiete ausgewiesen hätten. Das mag ja für diese Gemeinden auch Sinn machen, liegen sie doch besonders verkehrsgünstig an der A7.

Warum ein derart großes Gewerbegebiet jetzt holterdiepolter ohne eine detaillierte Vorplanung und Diskussion mit den Bürgern umgesetzt werden muss? Für uns ist es nicht nachvollziehbar.

Noch vor einem Jahr ging es um eine „maßvolle“ Gewerbeflächenerweiterung von knapp 21.000 qm. Die beiden dafür notwendigen Flächen (4.800 und 16.000 qm) befinden sich im Gemeindebesitz. Wir hätten einem Beschluss für die Umwandlung der kleinen Fläche zugestimmt. Sie liegt direkt im heutigen Gewerbegebiet. Der Verwaltungsausschuss entschied jedoch, unseren Antrag über die beiden Flächen getrennt abzustimmen, nicht zuzulassen. Da wir die Umnutzung der Friedhofserweiterungsfläche für ungeeignet halten, haben wir als einzige Fraktion, den Beschluss nicht mitgetragen:

VA-Beschluss (05.12.2018):

„Der Verwaltungsausschuss beschließt die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplanes 1.37 „Am Allerbeek“ mit dem Ziel der Ausweisung von Gewerbeflächen auf dem Flurstücken 72/4 und 70/13 der Flur 4 der Gemarkung Jesteburg sowie der im Flächennutzungsplan auf der ehemaligen Friedhofserweiterungsfläche dargestellten Gewerbefläche. Darüber hinaus soll die Fläche in südlicher Richtung erweitert werden bis zur Lüllauer Straße. Die Gemeinde stellt für diese Fläche einen Antrag an die Samtgemeinde Jesteburg auf Änderung des Flächennutzungsplanes.“

Der jetzt aus dem Hut gezauberte Konzeptentwurf der WLH (Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg GmbH) weicht erheblich von den bisherigen Vorstellungen von SPD, CDU und Grünen ab. Wieso ein derartiger Konzeptentwurf mit der WLH  verwaltungsseitig überhaupt geprüft wurde, ist uns schleierhaft. Bereits in den Gesprächen über eine mögliche Vermarktung des ehemaligen Reitvereingeländes, hatte uns der Vertreter der WLH informiert, dass für die WLH eine Erschließung und Vermarktung von kleinen Gewerbegebieten (Reitplatzgelände: damals max. 23.000 qm) uninteressant sei. Wahrscheinlich ging die WLH  deshalb bei ihrem Konzeptentwurf gleich von einer viermal so großen Fläche als bisher beschlossen aus.

Schlimm genug, dass SPD und CDU sich einem offenen Dialog mit den Bürgern nicht stellen wollen, doch dass sie jetzt auch noch versuchen, dieses Mega-Projekt still und heimlich anzuschieben, ist ebenso unverständlich wie die Definition, bei den neuen Flächen handele es sich „nur“ um eine Ergänzung des bestehenden Gewerbegebietes.

Vielleicht hat das aber auch System, denn mit dieser Definition umgehen sie weitere öffentliche Diskussionen im Vorfeld und können die Entscheidung, ein entsprechendes B-Plan-Verfahren anzuschieben, im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss treffen.

Für uns ist diese Vorgehensweise nicht akzeptabel. Deshalb werden wir eine öffentliche Beratung des Konzeptes im nächsten Gemeinderat beantragen, damit die Öffentlichkeit zumindest die Chance bekommt, zu den Entwürfen nochmals Stellung zu nehmen.

Gewerbegebiet:

Ansiedelung von Gewerbebetrieben, von denen keine erhebliche Belästigung (z.B. Lärm oder Geruch) für die Umgebung ausgeht. Die Gemeinde kann bestimmte Branchen ausschließen (z.B. Tankstellen) und bestimmte Nutzungen (z.B. Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal, Vergnügungsstätten) ausnahmsweise zulassen.

Legende:

Wir haben die Vorlage der WLH um farbige Linien ergänzt:

  • Rot umrandete Flächen: Bisher nicht betrachtete Flächen im privaten Eigentum (ca. 80.000 qm)
  • Orange umrandete Fläche: Friedhoferweiterungsfläche im Gemeindebesitz (ca. 16.000 qm)
  • Blau umrandete Fläche: Bisher eine Ausgleichsfläche im Gemeindebesitz (ca. 4.784 qm )
  • Lila Linien: Geplante Straßenführung (Ringstraße)

Im Konzeptentwurf wurde die gesetzlich maximal mögliche Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8 festgesetzt (d.h. 80% der Fläche darf mit Straßen und Gebäuden versiegelt werden). Als Bauweise wurde eine „abweichende Bauweise“ festgelegt. Sie gibt somit zunächst einmal keine allgemeinen Beschränkungen vor.

  • Gesamtfläche: ca. 100.000 qm
  • Bebaubare Fläche: 80.000 qm – Bis zu 64.000 qm für Gebäude.
  • Gebäudehöhe: Die Gebäude dürfen bis zu 12 Meter hoch sein.

Aufgrund der Geländestruktur werden die Gebäude von der Straße und vom Friedhof aus betrachtet noch deutlich höher wirken.

  • Zufahrt: Das Gewerbegebiet soll über die Straße „Am Allerbek“ (Zuwegung zu Aldi und Rewe) erfolgen. Eine direkte Anbindung an die Kreisstraße ist nicht vorgesehen.

Hinweise:

Sowohl das übergeordnete „Regionale Raumordnungsprogramm“ des Landkreises als auch der vom Jesteburger Gemeinderat als Leitlinie für die Entwicklung Jesteburgs verabschiedete „Masterplan 2020“ sprechen eine deutliche Sprache:

(Ausschnitt – Eine Zusammenfassung des Masterplanes „Jesteburg 2020“ finden Sie hier)

LEITBILD

  • Wir ermöglichen zeitgemäßes Wohnen, Arbeiten und Erholen in dörflichem Umfeld. 


Daraus abgeleitet wurden folgende Leitbilder und Handlungsoptionen für den Bereich Bauen vereinbart:

Ortsbild- und Siedlungsstruktur

  • Wir konzentrieren uns auf die Innenentwicklung Jesteburgs und seiner Ortsteile und bewahren den dörflichen Charakter unserer Gemeinde.
  • Wir erhalten unsere landschaftlichen Freiräume, sichern und verbessern die Qualität von Natur und Landschaft und fördern die biologische Vielfalt. 

  • Wir unterstützen nachhaltiges und innovatives Bauen und Wohnen. 


Nachverdichtung


  • Vorhandene Siedlungsgebiete werden revitalisiert und gewinnen so an Reiz. Nachverdichtung kann vor allem über die Schließung von Baulücken, die Erleichterung von Grundstücksteilungen sowie den Ausbau, die Aufstockung und den Anbau von Häusern erfolgen.

  • Neu- und Umbauvorhaben sind hinsichtlich Baustil und Materialauswahl so weit möglich und vertretbar am bestehenden Ortsbild zu orientieren.
  • Ortsprägende Gebäude – sowohl bedeutsame Einzelobjekte, als auch raumprägende Ensembles – und Freiräume sollen als Identifikationsmerkmale der Einwohner mit ihrem Ort erhalten werden.
  • die Entstehung urbaner Dichten soll vermieden und die wohnortnahe Erholung nicht außer Acht gelassen werden.
  • die Schließung bestehender Baulücken und die bestmögliche Ausnutzung brachliegender, innerörtlicher Potenziale hat Vorrang.
  • die Teilung und Nachverdichtung historischer Hofanlagen sollte ausgeschlossen werden.
  • der Gestaltung der Ortsränder kommt eine besondere Bedeutung zu. Anzustreben sind grundsätzlich kompakte Siedlungskörper mit klaren Siedlungsrändern, nicht aber bandartige Strukturen ohne erkennbare Ortsübergänge.
  • der Zuwachs an Haushalten ist vor allem im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser zu erwarten. Die Zahl der Haushalte in Mehrfamilienhäuser wird stagnieren bis abnehmen.
  • die Ausweisung neuer Ein- und Zweifamilienhäuser soll innerhalb bestehender Siedlungskörper erfolgen.
  • Jesteburg soll sich als Erholungsgebiet weiterentwickeln, um seine ursprüngliche Rolle und Bedeutung in der Lüneburger Heide wiederzuerlangen.