Ungenügende Öffentlichkeitsbeteiligung dank Corona? Es droht die Transparenz der Ratsarbeit auf der Strecke zu bleiben.
RATSARBEIT AM SCHEIDEWEG
– Bürgerbeteiligung droht unter die Räder zu geraten
Niemand hatte bisher einen Plan, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Ratsarbeit haben würden. Doch die weiterhin hohen Inzidenzwerte setzten Ratsmitglieder und Verwaltung erheblich unter Druck: Wie viel Öffentlichkeit ist noch vertretbar und wie viel Öffentlichkeit muss auf jeden Fall sichergestellt werden?
Schnell wurde deutlich, dass die Begriffe „Öffentlichkeit herstellen“ und „Öffentlichkeit beteiligen“ zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind. Formal ist Öffentlichkeit bereits hergestellt, wenn die Tagesordnung in den Bekanntmachungskästen der Gemeinde ausgehängt wurde. Doch wie eine öffentliche Beteiligung der Bürger sichergestellt werden kann und ob die nicht öffentlich tagenden Hauptausschüsse (Gemeinderat: Verwaltungsausschuss – Samtgemeinderat: Samtgemeindeausschuss) Entscheidungen treffen sollten, ohne dass vorab eine öffentlich zugängliche Beratung in den Fachausschüssen stattgefunden hat, wird unterschiedlich bewertet.
Keine Sitzungen in öffentlichen Räumen, solange der 7-Tage-Inzidenzwert über 50 liegt.
Das berechtigte Interesse der Bürger nach öffentlicher Beteiligung und der gesundheitliche Schutz der Ratsmitglieder, Verwaltungsmitarbeiter und Bürger müssen gleichwertig berücksichtigt werden. Deshalb stießen wir mit unserem pragmatischen Lösungsvorschlag, Beratungen zwischen Politik und Verwaltung unter Nutzung von Online-Lösungen stattfinden zu lassen, auf breite Zustimmung.
Leider konnte bisher keine Einigkeit darüber erzielt werden, wie dabei eine Beteiligung der Öffentlichkeit sichergestellt werden kann. Unser Vorschlag, den Bürgern ebenfalls einen „Zuhörer-Zugang“ zu den Video-Konferenzen zu ermöglichen, wurde vor allem aus Sicht der Verwaltung kritisch gesehen.
Aktuell werden die Gemeinde Jesteburg und die Samtgemeinde unterschiedliche Wege gehen:
- Gemeinderat Jesteburg:
Bei einem 7-Tage-Inzidenzwert
- unter 50: Alle Fachausschuss- und Gemeinderatssitzungen finden statt.
- über 50: Der Gemeindedirektor entscheidet, ob eine Fachausschusssitzung stattfindet. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt die Absage und die Durchführung einer Online-Beratung.
Wie die Öffentlichkeit an den Beratungen der Fachausschusssitzungen beteiligt wird, bleibt weiterhin offen.
Unser Vorschlag, den Bürgern einen „Zuhörer-Zugang“ zu den Video-Konferenzen zu ermöglichen, wurde vor allem aus Sicht der Verwaltung kritisch gesehen.
- Samtgemeinderat Jesteburg:
CDU, SPD, BWG und Grüne haben entschieden, die Bürger von allen Entscheidungsprozessen auszuschließen. Bis zu einer verlässlichen Entspannung (Inzidenzwert < 35 / 50) der epidemischen Lage wird der nicht öffentlich tagende Samtgemeindeausschuss alle Entscheidungen ohne eine vorherige öffentliche Beratung in Fachausschüssen und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit treffen.
- Bisher aufgrund der pandemischen Lage abgesagte Fachausschusssitzungen werden nicht nachgeholt.
- Rechtlich notwendige Vorberatungen für Entscheidungen im Samtgemeinderat werden ebenfalls ausschließlich nicht öffentlich stattfinden.
=> Die Herren Aldag (CDU), Heitmann (SPD), Beiersdorf (BWG), Glaeser (Bündnis 90/Die Grünen) und Palaschinski (CDU) setzen die Beteiligung der Öffentlichkeit bis auf weiteres aus. Anders als im Jesteburger Gemeinderat scheinen die verantwortlichen Ratsherren den vermeintlich einfacheren Weg zu bevorzugen.
Wir lehnen diese Vorgehensweise als bürgerunfreundlich und demokratiefeindlich ab.
Den aktuellen Sitzungsplan und weitergehende Informationen zu den Tagesordnungspunkten finden Sie wie immer in unserem Veranstaltungskalender.