UWG Jes! stellt Details für ein Partnerschaftsmoddell vor, damit alle Beteiligten an neuem Bauland partizipieren.
GEMEINSAM UND MIT BEDACHT
– Rahmenbedingungen für ein partnerschaftliches Miteinander
In der Gemeinde Jesteburg wird es immer schwieriger, bei der Planung neuer Baugebiete auf gemeindeeigene Grundstücke zurückzugreifen. Daher werden Flächen überplant, die heute Acker- oder Wiesenflächen sind und sich im Privateigentum befinden.
Mit der Ausweisung von bisher unbebauten Flächen als mögliches Bauland steigt der Grundstückswert erheblich – zur Freude der Grundeigentümer und der Investoren und in letzter Konsequenz zum Leidwesen der Gemeinde, die alle Infrastrukturmaßnahmen (z.B. Kitas, Schulen, Straßen) bauen oder erhalten muss, ohne an den immensen Erlösen beteiligt zu sein.
- Die Grundeigentümer verkaufen die Flächen statt z.B. für 3,50 €/qm (Ackerland) für 75 €/qm an einen Investor. Der Investor erschließt das Baugebiet und verkauft die Grundstücke zum Marktwert (z.B. 250 €/qm ) an Bauherren.
- Die Gemeinde schafft so zwar weiteren Wohnraum, partizipiert aber nicht an den Erlösen. In Jesteburg führt das seit Jahren zu defizitären Haushalten und weiteren Kreditaufnahmen. Mittelfristig droht Jesteburg sogar die Zahlungsunfähigkeit, weil alle Rücklagen aufgebraucht sein werden.
- Deshalb hatten wir vor über einem Jahr vorgeschlagen, dass zur Preisfindung ein „Partnerschaftsmodell“ eingeführt wird, das
- für die Grundstückseigentümer und die Gemeinde attraktiv ist,
- der Gemeinde die Möglichkeit eröffnet, soziale und ökologische Zielsetzungen umzusetzen und
- den Grundstückseigentümern und Investoren Planungssicherheit bietet.
Die Eigentümer erhielten einen fairen Preis für ihre Grundstücke und die Gemeinde würde an den Erlösen aus einem möglichen Verkauf oder einer Verpachtung der erworbenen Baugrundstücke partizipieren und könnte mit diesen Geldern Infrastrukturmaßnahmen refinanzieren. Ein Modell, das bereits in vielen Gemeinden erfolgreich umgesetzt wird.
Nach über einem Jahr war unser Ansinnen jetzt wieder auf der politischen Tagesordnung im Bauausschuss. Zuvor hatten sich Vertreter der Verwaltung und aller Fraktionen in Winsen die Erfahrungen mit deren Partnerschaftsmodell vor Ort erläutern lassen (Details finden Sie weiter unten). Die Verwaltung hatte sorgfältig monatelang existierende Modelle am Markt sondiert und Anfang des Jahres eine vergleichende Übersicht zur weiteren Beratung zur Verfügung gestellt.
Ergänzend hatte die UWG Jes! die Zeit genutzt und einen ausführlichen Beschlussvorschlag (siehe weiter unten) für ein Jesteburger Modell an alle Fraktionen, die Ausschussmitglieder und die Verwaltung versendet.
Doch anstatt sich konstruktiv mit den einzelnen Vorschlägen auseinanderzusetzen, wurde allgemein über einen grundsätzlichen Handlungsbedarf diskutiert und dabei die Themen Bauleitplanung und mögliche ergänzende Förderprogramme miteinander vermischt.
Es herrschte grundsätzliche Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf besteht und zu entwickelnde Flächen vorab im Eigentum der Gemeinde sein sollten. Der Bauausschuss empfiehlt, in weiteren Informationsveranstaltungen mehr Details über die verwaltungsseitig aufbereiteten Modelle zu erfahren. Danach sollen mehrere Varianten für die Entwicklung von Neubaugebieten in Jesteburg erarbeitet werden.
Damit wird das Thema erneut auf die lange Bank geschoben. Ein Jahr lang hatten alle Parteien die Möglichkeit, sich in die Thematik einzuarbeiten. Statt wie in allen anderen Gemeinden und Städten ein Modell für die Ausweisung von Neubaugebieten zu erarbeiten, wollen CDU, SPD und Grüne einen bunten Strauß von Modellen, so dass weiterhin keine klare Linie herrschen wird – weder für die Gemeinde noch für Grundstückseigentümer und Investoren.
Vorschläge für mögliche Modelle zur Ausweisung von Neubaugebieten
UWG Jes!
Ein partnerschaftliches Modell, das die Interessen der Grundeigentümer und der Gemeinde gleichwertig berücksichtigt. Auf der Grundlage dieses Grundgedankens haben wir den nachfolgenden detaillierten Beschlussvorschlag erarbeitet:
1. Erwerb von Grundstücken
Der Gemeinderat beschließt, Bauleitpläne zur Ausweisung bisher nicht überbaubarer Bereiche als Wohn- oder Gewerbeflächen zu ändern oder zu erstellen, wenn
- die Gemeinde im Vorfeld einen abgestimmten Bebauungsplanentwurf mit den Eigentümern aller Flächen erarbeitet hat,
- die Gemeinde eine vertragliche Einigung mit allen Grundstückseigentümern zur Flächenabgabe erzielt hat,
- die Gemeinde mindestens 50% der Nettobaulandflächen erwerben kann,
- die Gemeinde die notwendigen öffentlichen Gemeindebedarfsflächen (B. Straßen, Grün- und Wasserflächen) kosten- und lastenfrei übertragen bekommt und
- die Gemeinde die Nettobauflächen für 25% des Netto-Bodenrichtwertes gemäß Gutachterausschuss erwerben kann.
Die Gemeinde kann diese Flächen nach Wahl entweder selbst erwerben oder sich bindende, durch Vormerkung gesicherte Kaufangebote unterbreiten lassen, die sie an Erwerber weitergeben kann. Im Einzelfall ist auch die Bestellung eines Erbbaurechts als Vergabebindung zu Gunsten der Gemeinde (Vermittlung von Erbbaurechten an ausgewählte Bauwillige) möglich.
2. Verkauf von Grundstücken
Der Gemeinderat beschließt, dass die Verkaufspreise der Grundstücke in einem neu ausgewiesenen Baugebiet unter Berücksichtigung einer Wertauskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Gemeinde vom Rat festgelegt werden. Der Verkaufspreis soll die Selbstkosten der Stadt nach Möglichkeit voll abdecken.
3. Förderung
Der Gemeinderat beschließt, den Kauf von Wohneigentum zu fördern. Die Fördermaßnahmen berücksichtigen Einkommensgrenzen, Lebensverhältnisse und die Anzahl der Kinder. Die Realisierung von preisgünstigen Mietwohnungen (Sozialwohnungen oder bezahlbarer Wohnraum) wird mit Sonderrabatten auf den Verkehrswert gefördert.
Die Verwaltung stellt entsprechende Modelle in der nächsten Sitzung des Fachausschusses „Jugend, Sport, Soziales und Senioren“ vor.
4. Grundstücksvergabe
Der Gemeinderat beschließt, dass die Vergabe der Grundstücke nach definierten Kriterien erfolgen soll. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Grundstücke einzeln an Privatpersonen oder an Bauträger vergeben werden.
Zu Gunsten der Qualität der Bebauung verzichtet die Gemeinde auf die Erzielung eines maximalen Grundstückserlöses. Gemeindeseitig werden wohnbauliche Konzepte (Konzeptverfahren) bevorzugt, um einen Beitrag zur Schaffung bezahlbaren, zielgruppengerechten, energieeffizienten, ökologischen und/oder auch städtebaulich attraktiven Wohnungsbaus zu leisten.
Die Kriterien erarbeiten die zuständigen Fachausschüsse gemeinsam mit der Verwaltung und stellen sie zur weiteren Beratung vor.
Sie können sich unseren Vorschlag hier herunterladen.
SPD
Die SPD kann sich die Anwendung eines „Jesteburger Modells“ nur für Flächen vorstellen, die laut Ratsfrau Ziegert in 30-40 Jahren als Bauland entwickelt werden sollen. Dafür befürwortet die SPD die Gründung projektbezogener „Eigenbetrieb GmbHs“ (die Gemeinde ist der alleinige Gesellschafter und wickelt mit eigenem Personal die komplette Erschließung eines Neubaugebietes ab. Dabei trägt die Gemeinde das volle unternehmerische Risiko. Nachdem alle Grundstücke verkauft wurden, wird die GmbH wieder liquidiert und mögliche Erlöse werden der Gemeinde überschrieben).
CDU und Bündnis 90/Die Grünen haben keine eigenen Modell-Vorschläge vorgetragen.
Beratungshistorie
30.01.2020: UWG Jes! Antrag (VO/GJ/020/20)
Der Gemeinderat beschließt:
- Die Fläche für Neubaugebiete befindet sich vor der Erstellung eines Bebauungsplanes im Eigentum der Gemeinde. (von allen Parteien abgelehnt)
- Die Gemeinde schließt mit allen an der Fläche beteiligten Grundstückseigentümern einen Vertrag ab, der für alle Eigentümer die gleichen Vertragsbedingungen vorsieht ( „Partnerschaftsmodell“ ). (von allen Parteien abgelehnt)
27.05.2020: Gemeinderat:
Der Gemeinderat beschließt, den Tagesordnungspunkt an den Bauausschuss zurückzuverweisen. Außer dem in der Vorlage vorgestellten „Winsener Modell“ sollen weitere Modelle in Betracht gezogen werden.
10.06.2020: Informationsveranstaltung mit Vertretern der Stadt Winsen
Empfehlung der Winsener: Einführung eines Partnerschaftsmodells. Winsen nutzt ihr Modell seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Mit den Erlösen aus den Verkäufen werden
- Infrastrukturmaßnahmen finanziert, die sonst nicht umsetzbar wären (z.B. Straßen, Kitas etc.)
- Städtebauliche Entwicklungen gesteuert (z.B. Wohn- und Gewerbegebiete)
- Umweltpolitische Maßnahmen umgesetzt (z.B. Energieversorgung)
- Sozialpolitische Maßnahmen umgesetzt (z.B. bezahlbarer Wohnraum)
Winsener Modell
-
- 25% der potentiellen Gesamtfläche erhält die Gemeinde kostenlos für z.B. Straßen, Grün- und Wasserflächen
- 50% der verbleibenden Nettobaufläche (Bauplätze) erwirbt die Gemeinde
- 25% des Bodenrichtwertes zahlt die Gemeinde je Quadratmeter
Die ausführliche Beschreibung dieses Modells wurde der Verwaltung und allen Parteien zur Verfügung gestellt. Sie finden die entsprechende Datei hier.
19.01.2021: Die Verwaltung fasst fünf unterschiedliche Modelle in einer Vorlage zusammen. Die Details finden Sie hier.
17.03.2021: Der Bauausschuss empfiehlt, grundsätzlich Neubaugebiete nur noch dann auszuweisen, wenn die Grundstücke sich im Eigentum der Gemeinde befinden. Es sollen unterschiedliche Modelle genutzt werden. Um sich weiter in das Thema einarbeiten zu können, sollen weitere Informationsveranstaltungen stattfinden (z.B. mit Vertretern der Stadt Stade)
Für weitere Informationen empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag
GEWINNE, GEWINNE, GEWINNE! – DOCH FÜR WEN?
Das Winsener Partnerschaftsmodell