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WINDENERGIE

Ist Lüllau geeignet als Windkraftstandort? Wir wollen, dass Naturschutz, Gesundheit und Erholung ausreichend berücksichtigt werden

Die Umsetzung der Energiewende erfordert für viele ein Umdenken. Sowohl beim Thema Energiesparen als auch bei der Energieerzeugung. Alle Fraktionen im Jesteburger Bauausschuss haben sich für eine Nutzung von „Solar“ und „Wind“ zur Erzeugung Erneuerbarer Energien ausgesprochen. Die Bewertung, ob die Umsetzung auf den jetzt vom Kreistag empfohlenen Flächen, auch für Jesteburg „richtig“ ist, fiel unterschiedlich aus.

Wir halten die ausgewiesene Fläche zwischen Lüllau und Reindorf für nicht geeignet. Ein „Windanlagenpark“ von ca. 30 ha (300.000 qm) würde diese wertvolle Fläche zerschneiden, erhebliche Schäden für die Pflanzen- und Tiervielfalt nach sich ziehen und durch die zu erwartende Lärm- und Schallbelastung die Gesundheit der Lüllauer Bürger erheblich gefährden.

Deshalb hatten wir vorgeschlagen, dass die Gemeinde in ihrer Stellungnahme an den Landkreis der Ausweisung dieses Vorranggebietes widerspricht und den Landkreis auffordert, zunächst die fachlich versierten Bedenken auszuräumen. Auch wenn die in großer Anzahl anwesenden Bürger unseren Vorschlag überwiegend begrüßten, lehnten die Ratsmitglieder von CDU, SPD und „Grünen“ diesen ab.

UWG-Beschlussempfehlung: 
Der Verwaltungsausschuss beschließt, der Ausweisung eines Vorranggebietes JES01 im 1. Entwurf „Sachliches Teilprogramm Windenergienutzung 202X für den Landkreis Harburg“ zu widersprechen.

Mit der Ausweisung dieser Fläche besteht sowohl eine Gefährdung der Gesundheit und der Lebensqualität der Bürger in Lüllau als auch eine Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten.

Die Fläche ist ein besonders sensibler Bereich, in dem nachweislich windkraftsensible Zugvogel- Populationen vorkommen, die durch die Errichtung von Windenergieanlagen erheblich gefährdet sind. Die topographische Lage Lüllaus, die sehr hohe Bedeutung für den Vogelzug und die Landschaftsbildeinheit und die erhebliche Verringerung des Vorbehaltsgebietes „Erholung“ verbieten aus Sicht der Gemeinde eine Ausweisung der Fläche als Vorranggebiet für die Windkraft.

Sozialdemokraten und „Grüne“ sprachen sich für eine Nutzung dieser Fläche für Windkraftanlagen aus. Der Landkreis möge bei seiner finalen Entscheidung den Fachbericht von Dr. Dänhardt und seine geäußerten Bedenken berücksichtigen.

Die Christdemokraten sprachen sich für ein „im Prinzip ja, aber“ aus. Sie wollen die Windkraftanlagen in der Höhe und Anzahl beschränken (Anmerkung: nach unseren Informationen ist das rechtlich nicht möglich), die Windräder möglichst weit von der Straße entfernt platzieren, um die verbleibende Fläche optional für ein neues Gewerbegebiet nutzen zu können. Während UWG, SPD und „Grüne“ sich einig sind, dass sich die Erzeugung Erneuerbarer Energien nicht auf den Energiebedarf der eigenen Gemeinde beschränken sollte, sprechen sich die Christdemokraten dafür aus, nur soviel Energie (plus eines Sicherheitspuffers) auf dem Jesteburger Gemeindegebiet zu produzieren, wie die Gemeinde auch zur „Eigenversorgung braucht“.

Mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen empfahl die Mehrheit des Jesteburger Fachausschusses, der Nutzung der ausgewiesenen Fläche als Windenergiepark zuzustimmen. Es ist geplant, dass der nicht öffentlich tagende Verwaltungsausschuss am 05.02.2025 final über die abzugebende Stellungnahme entscheidet. Auf der Ebene der Samtgemeinde wird es keine Stellungnahme geben, da es weder eine Mehrheit für unsere Beschlussempfehlung noch für die Beschlussempfehlung aus dem Jesteburger Bauausschuss gab. Eine öffentliche Vorberatung auf Ebene der Samtgemeinde wurde seitens der Verwaltungsleitung nicht für notwendig erachtet.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Windkraftanlagen gelten gesetzlich prinzipiell als privilegierte Vorhaben im Außenbereich, die genehmigt werden müssen, wenn alle Voraussetzungen unter anderem nach dem Bau-, Naturschutz- und Immissionsschutzrecht erfüllt werden. Bisher konnte der Landkreis diese Zulässigkeit über das „Regionale Raumordnungsprogamm“ (RRoP) dort ausschließen, wo er Windkraft für ungeeignet hielt und gezielt Gebiete ausweisen, die er unter raumplanerischen Gesichtspunkten für geeignet hielt. Eine konkrete Mindestvorgabe, wie viele Flächen für Windkraft bereitgestellt werden müssen, gab es in der Vergangenheit nicht.

Durch neue Gesetze wurde beschlossen, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben und die Umsetzung erleichtert werden soll. Gleichzeitig wurden den Landkreisen klare Vorgaben gesetzt, wie viel Fläche sie für Windkraftanlagen zur Verfügung stellen müssen. Im Landkreis Harburg ein schwieriges Unterfangen, da die Siedlungsdichte sehr hoch ist und viele Flächen als ausgewiesene Schutzgebiete ebenfalls nicht geeignet sind.

Gelingt es den Landkreisen nicht, entsprechende Flächen auszuweisen, können ab 2028 „überall“ im Außenbereich (Flächen, die eigentlich grundsätzlich nicht bebaut sind) für die Umsetzung der Energiewende genutzt werden. Es gilt die sogenannte „Superprivilegierung„. Das bedeutet, es können Windenergieanlagen innerhalb der Windenergiegebiete ohne Umweltprüfung und außerhalb der Windenergiebiete mit Umweltprüfung errichtet werden. Wälder und Landschaftsschutzgebiete sind dann nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen.

Um diesen „Wildwuchs“ zu verhindern, will der Landkreis weiterhin Vorranggebiete ausweisen. Nur in diesen Gebieten können dann Windkraftanlagen ohne weitere Umweltprüfungen errichtet werden.

Bisher (Mai 2024) hat der Landkreis 550 ha (0,45 % des Kreisgebietes) für Windkraftanlagen ausgewiesen. Die neuen Vorgaben lassen erkennen, wie hoch der zusätzliche Bedarf ist.

  • Teilflächenziel 2027: 3.051 ha (= 2.44% der Kreisfläche)
  •  Teilflächenziel 2032: 3.949 ha (= 3,16% der Kreisfläche)

2024 ermittelte der Landkreis in einem ersten Schritt 76 mögliche Potenzialflächen mit insgesamt ca. 6.419 ha, die sich als Standort für Windräder eignen könnten. Diese wurden anhand von festgelegten Ausschlusskriterien anhand vorhandener Daten auf ihre Eignung geprüft. Mit dem jetzt vorgelegten Entwurf plant der Landkreis, 63 Potenzialflächen mit ca. 3.750 ha als Vorranggebiete für die Windenergie auszuweisen. Damit würde er das Teilflächenziel 2027 erfüllen. Das Ziel 2032 würde jedoch weiterhin verfehlt.


Aktuelle Planung:

(Stand 11/2024) Übersicht aller Vorranggebiete im Landkreis Harburg. Weitere Details unter

https://gis.itk-harburg.de/portal/apps/dashboards/cc8861e9c77441e0b030ca08cadd9ea3

Von den 63 Potenzialflächen befinden sich

  • 20 im Landschaftsschutzgebiet
  • 6 in der Nähe von FFH-Gebieten

Es wird im Rahmen der Zulassungsgenehmigung eine erweiterte FFH-Vorprüfung benötigt.

Zu diesen Planungen können die Gemeinden und die Bürger bis zum 26.03.2025 Stellungnahmen abgeben. Anregungen und Bedenken kann jeder auf der Landkreis-Internetseite abgeben oder per E-Mail an raumordnung@lkharburg.de oder analog an den Landkreis, Schloßplatz 6, 21423 Winsen, richten.

Die kompletten Unterlagen stehen auf der Seite des Landkreises Harburg unter https://www.landkreis-harburg.de/windenergie_beteiligung zum Download zur Verfügung.


In Jesteburg wurden zwei Potentialflächen ausgewiesen. Beide Flächen werden als Ackerflächen genutzt. Teile der Fläche JES02 sind Wald (Mischwald).

Lage: Zwischen Lüllau und Reindorf – Größe: 30,87 ha

Der Landkreis bewertet die zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft als nicht wesentlich nachteiliger wie an anderen Stellen des Landkreises. Deshalb stuft er diese Fläche als geeignetes Vorranggebiet für die Windenergienutzung ein.

Die Einschätzung, dass diese Fläche als Biotoptypen für Tiere und Pflanzen von geringer Bedeutung sind, teilen wir unter Berücksichtigung des vorliegenden Fachberichtes von Dr. Dänhardt nicht.

Lage: Höpen (Hasseler Weg/Hassel/Schierhorner Straße) – Größe: 17,77 ha

Achtung: Die grüne Fläche wurde von uns als Symbol eingefügt und soll nur die ungefähre Lage und Größe der Fläche verdeutlichen.

Nach eingehender Prüfung hat der Landkreis diese Fläche als nicht geeignet bewertet.


Die Gemeinde ist jetzt aufgefordert, eine Stellungnahme zur Fläche JES 01 abzugeben, in der sie ihr Einvernehmen erklärt oder ihre Einwände vorträgt.

Für uns setzt das abzugebende gemeindliche Einvernehmen zu den Planungen voraus, dass die Gemeinde nachfolgende Fragen uneingeschränkt mit „JA“ beantworten kann.

  • Wird der Natur- und Artenschutz ausreichend berücksichtigt?
  • Wird der Gesundheitsschutz der Anwohner ausreichend berücksichtigt?
  • Wird der Erhalt der Lebensqualität ausreichend berücksichtigt?
  • Wird der Erholungswert der Fläche ausreichend berücksichtigt?
  • Wird bei der Bewertung der Schall- und Lärmbelastung die topographische Lage „Lüllau“ ausreichend berücksichtigt?

Wir können diese Fragen bisher nicht mit „JA“ beantworten. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass gemeindliche Einvernehmen nicht zu erteilen und den Landkreis mit der gemeindlichen Stellungnahme aufzufordern, im Rahmen der zu treffenden Abwägung diese Bedenken auszuräumen (siehe unsere Beschlussempfehlung zu Beginn).


Weitere Informationen über die Umsetzung von Windkraftanlagen rund um Jesteburg und im Landkreis Harburg finden Sie unter